Von unserem Redaktionsmitglied Sigrid Werner

bewerbung„Oh, einen T-Schein hast du schon, mit 14? Du weißt schon, dass Landwirte nicht nur Trecker fahren, sondern auch Tiere füttern?“ „Weiß ich, mein Vater arbeitet im Abkalbstall. Da fahre ich öfter mit.“ „Und du weißt auch, dass du morgens um 4 anrücken musst zum Melken?“ „Klar.“ „Aber du weißt auch, dass ein Landwirt gut rechnen können muss? Denn die Zensuren in Mathe und Bio müssen noch besser werden“, fordert Landwirt Karl- Heinz Kayser aus dem gleichnamigen Milchbetrieb in Templin von dem Bewerber vor ihm.

Der Neuntklässler Felix Mammen will unbedingt Landwirt werden und hat sich für die Simulation eines Vorstellungsgespräches den Landwirtschaftsbetrieb Kayser ausgesucht. Der Agrarbetrieb gehört zu den 26 Unternehmen der Region, die das Angermünder Bildungswerk im Rahmen der Initiative Oberschule, ein von der EU gefördertes Projekt der Berufsorientierung, für diesen Bewerbertag gewinnen konnte. 70 Oberschüler aus Templin nutzen am Dienstag die Gelegenheit, einmal live zu testen, wie ihre Bewerbungsschreiben, Zeugnisse und sie selbst bei potenziellen Lehrbetrieben ankommen.

„In einer zweiten Runde in der zehnten Klasse sollen die Bewerbungen dann noch verbessert werden“, versichert WAT-Lehrer Harald Rau von der Oberschule und freut sich, dass für das Projekt so viele Partner zur Verfügung stehen. In der Mehrzahl nehmen sich sogar Geschäftsführer persönlich Zeit für die 15-bis 20-minütigen Bewerbungsgespräche. Für Karl-Heinz Kayser ist nach wenigen Minuten klar: Felix soll seinen Segen haben für eine Ausbildung in der Landwirtschaft. Wenn schon die Eltern Kinder an den Beruf heranführen und dafür begeistern können, dann sei das eine gute Basis. Mit Felix kommt der alte Hase im Beruf sogar ins Fachsimpeln. 80 Milchkühe stehen in seinem Stall. 170 Hektar Ackerland gehören zum Betrieb.

Ein kleines Unternehmen, wie Felix bemerkt, für den es sicher schwer sei, das Auf und Ab bei den Milchpreisen auszugleichen. „Als wir nur noch 19 Cent für den Liter Milch bekamen, hatte ich tatsächlich mal ans Aufhören gedacht“, gibt Karl-Heinz Kayser zu. Doch es wäre ihm schwer gefallen. „Man hängt doch an den Tieren.“ Das kann Felix gut verstehen. Denn genau das sei es, was ihn an dem Beruf so begeistere. Die Arbeit draußen in der Natur, mit den Tieren und die Abwechslung. Karl-Heinz Kayser schärft ihm ein, sich anzustrengen in der Schule. Felix sollte doch wenigstens seinen Meister machen oder noch besser den Bachelor. „Solche Leute werden gebraucht“, weiß Kayser. Berufsnachwuchs, der Betriebe übernehmen kann, sei knapp. Bewerber gibt es wenig. Im vorigen Jahr konnte er zu dem Testgespräch noch drei Interessenten begrüßen. Dieses Jahr war es nur noch Felix. In manchem Betrieb liege das Durchschnittsalter der Mitarbeiter schon über 50.